Das Leben ist vielfältig. Das lesbische erst recht und so ist es jedes Jahr aufs Neue verwunderlich, wie es Laura Méritt (Herausgeberin), Regina Nössler (Lektorat, Redaktion, Layout) und Claudia Gehrke (Redaktion, Layout) dennoch schaffen, ein Jahrbuch der Erotik herauszugeben, in dem nahezu alle Themen des lesbischen Lebens und Liebes Platz haben.
In der 10. Ausgabe, die ja gleichzeitig das erste runde Jubiläum des lesbischen Auges feiert, geht es um das coming out, das Kennen lernen und trennen, um das Leben, altern und sterben, um butches, femmes und Sex – und lasst euch gesagt sein – das ist nur ein kurzer Abriss all dessen, was die Leserin und Geniesserin der diesjährigen Ausgabe erwartet.
Wieder einmal hat es der Konkursbuch Verlag geschafft, den verschiedenen Darstellungsformen einen geeigneten Raum zu geben. Ob Kurzgeschichte, Essay, Fotografie, Skizzen oder Gedichte – im lesbischen Auge ist alles möglich, um unserem (Er)Leben eine Form zu geben.
Erinnerst Du Dich noch, als Dir beim Anblick Deiner Schulkameradin auf einmal heiß und kalt wurde? Du vor Ehrfurcht beinahe zur Salzsäule erstarrtest, wenn sie nur an Dir vorbei ging und wie sehr sie Teil Deiner Tag- und Nachtträume wurde, ohne dass Dir bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt bewusst gewesen wäre, dass Dein Interesse den Mädchen und nicht den Jungen gilt.
Wenn nicht, erinnert uns die wunderbare coming-out Geschichte „Manja lächeln zu sehen“(S.11 – 15) von Jana Walther auf ganz bezaubernde Art und Weise daran.
Auch ich hatte die große Ehre, in der Jubiläumsausgabe das ein oder andere beizusteuern und so fand „Die Erotik der ersten Begegnung“ ihren Weg auf die Seiten 248 bis 252.
Was mir aber neben all den Geschichten, Gesprächen und Gedichten am besten und eindrücklichsten in Erinnerung geblieben ist und mich immer wieder dazu verführt, „Das lesbische Auge 10“ aufzuschlagen und genüsslich zu durchblättern, sind die künstlerischen Beiträge.
Gerade die Fotografien von Shilo McCabe, Anja-Stina Treumund und Anja Müller geben dem Auge sein Gesicht.
Treumund ist mit ihren 29 Jahren, eine der ersten Künstlerinnen Estlands, die sich öffentlich als Lesbe darstellt. Neben der Fotografie, nutzt sie vor allem Videos als Medium, um damit ihre Gedanken über die Sichtbarkeit lesbischer Frauen auszudrücken.
Shilo McCabe hingegen beschäftigt sich primär mit zwischenmenschlicher Interaktion, privater Einsamkeit und Intimität. Ihre Arbeiten, die im lesbischen Auge zu bewundern sind, lassen einiges vermuten und ein Besuch auf ihrer Homepage lohnt sich in jedem Fall – aber Vorsicht: die Inhalte sind ausdrücklich nur für Erwachsene bestimmt.
Die Bilder, die Anja Müller dem aktuellen Auge zur Verfügung gestellt hat, feiern hier eine Premiere. Denn bisher waren sie unveröffentlicht und entstanden in einem Zeitraum von 10 Jahren (2000 – 2010). Gerade die s/w Bilder gehören für mich mit zu ihren besten Arbeiten überhaupt. Schön, dass wir sie nun endlich zu Gesicht bekommen…
Fazit: „Das lesbische Auge“ ist vielfältig wie immer und bietet für jede etwas. Ob frau sich nun verbale Anregungen holen, in Erinnerungen schwelgen, sich lyrisch inspirieren lassen oder sich bildlich Appetit holen will – mit der Jubiläumsausgabe ist all das möglich.
Wer am Ende sogar Lust hat, sich auf die ein oder andere Art selbst einmal auszudrücken, ist herzlich eingeladen, seine Texte, Bilder und Fotografien beim Konkursbuch Verlag einzureichen.
Ich freue mich bereits jetzt auf die nächste Ausgabe und tauche solange wieder in die aktuelle ab…
Wow, danke für die lobende Erwähnung meines Beitrags! Liebe Grüße – Jana